Stadtrat Ferrat: Eine Schande für Mannheim, eine Blamage als Lokalpolitiker

Am vergangenen Sonntag veröffentlichte Julien Ferrat, der mittlerweile als Vertreter der konservativen Familien-Partei im Mannheimer Gemeinderat sitzt, ein Rapvideo unter dem Titel "Mannheimer Ghetto". In diesem Musikclip spielt er die Hauptrolle und spart dabei nicht mit obszönen, sexistischen und fremdenfeindlichen Sprüchen. Abgesehen davon, dass Ferrat in der Rolle eines Rappers äußerst lächerlich wirkt, tritt er damit die politischen Positionen, für die er im Mai 2014 über DIE LINKE in den Mannheimer Gemeinderat gewählt wurde, mit Füßen. In seinem primitiven und menschenverachtenden Video redet er des Öfteren von "Kanaken" und stellt die Mannheimer MitbürgerInnen mit Migrationshintergrund in vielerlei Hinsicht negativ dar. Seine Phrasen "Ich bin Mannheimer Stadtrat und bang' die Bitches jede Nacht hart" und "Ich mach Politik, in Mannheim kommunal, und bums' die Frauen in der Regel vaginal" sind zutiefst frauenverachtend und sexistisch. Die Videoaufnahmen wurden an verschiedenen Orten in der Neckarstadt-West und -Ost - hauptsächlich in der Neckarpromenade - gemacht. Außenstehenden wird dadurch der Eindruck vermittelt, der gesamte Stadtteil mit seinen etwa 65.000 Einwohnern sei ein "Ghetto" und eine No-Go-Area, in dem große soziale Spannungen zwischen MigrantInnen und übermäßig hohe Kriminalität herrsche. Wir verleugnen nicht, dass es Probleme in Teilen der Neckarstadt gibt, jedoch wehren wir uns gegen diese verzerrte Darstellung der Neckarstadt.

DIE LINKE setzt sich ein für soziale Gerechtigkeit und u.a. gegen die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihres Lebensstils. Julien Ferrat war bei der Gemeinderatswahl auf Platz 3 der LINKE-Liste platziert und wurde, zusammen mit den ersten beiden Platzierten, in den Gemeinderat gewählt. Die Mannheimer BürgerInnen gaben ihre Stimme einer Partei, die sich für bessere soziale Verhältnisse in der Stadt einsetzt. Nicht nur der Parteiwechsel von Ferrat, der vom Landesverband der Familien-Partei angezweifelt wird, missachtet den Wählerwillen, sondern auch seine vulgären Äußerungen im besagten Musikvideo. DIE LINKE vertritt die Auffassung, dass niemandem damit geholfen wird und auch keine sozialen Probleme gelöst werden, wenn ein von der Bürgerschaft gewählter Repräsentant sich diskriminierender Klischees bedient und Teile der Bevölkerung - mit deren Stimmen er in den Gemeinderat gewählt worden ist - beleidigt. Seriöse Politik sieht anders aus, was man auch von einem Mitglied der Familien-Partei erwarten könnte. Mit seinen mehrmaligen Anspielungen auf sein Gemeinderatsmandat schadet er darüber hinaus dem gesamten Gremium wie auch der Stadt Mannheim.

Weder die nachträgliche Stellungnahme seinerseits noch die des Bundesverbandes der Familien-Partei können an dieser Entgleisung etwas verharmlosen. Roland Körner, Bundesvorsitzender der Familien-Partei, verteidigt Julien Ferrats Video damit, dass "eine seit 40 Jahren verfehlte Familien-Politik, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik etablierter Parteien" zu den Problemen in den "ghettoisierten Stadtteilen" wie Mannheim-Neckarstadt geführt hat. Des Weiteren behauptet er, dass die Familien-Partei "den Finger in die soziale Wunde" legt, während alle anderen - angeblich - wegschauen. Das Video hat Ferrat mittlerweile aus dem Netz genommen und sich mit einer Rundmail an die Mitglieder des Gemeinderats gewandt. Darin versucht er die Aussagen im Video zu beschwichtigen und begründet diese damit, mit satirischen Elementen Aufmerksamkeit für die sozialen Probleme wecken zu wollen. Aus unserer Sicht ist dieses Schreiben unglaubwürdig und dient in erster Linie dem Selbstschutz Ferrats. Von Satire kann in diesem Video keine Rede sein. Ihm geht es nämlich nicht um die sozialen Probleme in der Neckarstadt, sondern um Aufmerksamkeit für seine Person. Mit seinen rückwärtsgewandten Positionen ("Gegen die verbindliche Ganztagsschule") setzt er sich nicht für die Lösung sozialer Probleme ein, sondern spricht sich dadurch vielmehr gegen bessere Bildungschancen für Kinder aus bildungsfernen Gruppen aus.

Die beiden LINKE-Stadträte Gökay Akbulut und Thomas Trüper sowie der Mannheimer LINKE-Kreisverband forderten Julien Ferrat schon zweimal öffentlich auf, sein Gemeinderatsmandat abzugeben. Hintergrund war das Bekanntwerden von Manipulationen bei der Einreichung der Listen des Studierendenverbandes Die Linke. SDS zum Senat und zum Studierendenparlament an der Universität Mannheim. Julien Ferrat war sowohl Listenführer als auch Einreicher dieser Listen. Er stand im Verdacht, für den Wahlbetrug nicht nur politisch, sondern auch persönlich verantwortlich zu sein. Er kam der Aufforderung der LINKEN, die Vorwürfe entweder schlüssig zu entkräften oder sie aufzuklären, nicht nach. Er reagierte darauf lediglich mit dem Austritt aus der Partei und weigerte sich, den Verzicht auf die Kandidatur zu erklären. Eine Neuaufstellung der Kandidatenliste für die Gemeinderatswahl war aufgrund der verstrichenen Fristen nicht mehr möglich. Nachdem das Verfahren mittlerweile gegen eine Geldzahlung abgeschlossen wurde, prüfte die Universität Mannheim eine zivilrechtliche Klage. 2015 trat er dann der Familien-Partei bei und firmiert seitdem - ohne je dafür gewählt worden zu sein - als "Familien-Partei im Mannheimer Gemeinderat".

Die Aufforderung zum Rücktritt und der Abgabe seines Gemeinderatsmandats besteht vonseiten der LINKEN nun umso mehr, wird aber mittlerweile auch von anderen Gruppen - wie bspw. dem Dachverband türkischer ArbeiterInnenvereine DIDF in Mannheim - unterstützt.