Bodenpreise in Mannheim innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelt!

Altstadtrat Thomas Trüper

Der Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten in Mannheim hat im Mai die Bodenrichtwerte zum Stichtag 1.1.2022 vorgelegt. Die Stadt Mannheim hat diese Werte Anfang Juli in ihrem Geoinformationsdienst freigeschaltet. Sie sind dort flächendeckend einsehbar. Wie zu erwarten, setzte sich die rasante Entwicklung der Bodenrichtwerte gegenüber der letzten Ermittlung 2020 fort. Für Wohnbau- und gemischte Bauflächen beträgt die Steigerung im Durchschnitt 20%, also 10% pro Jahr.

„Der Bodenrichtwert (§ 196 Abs. 1 BauGB) ist der durchschnittliche Lagewert des Bodens für eine Mehrheit von Grundstücken innerhalb eines abgegrenzten Gebiets (Bodenrichtwertzone), die nach ihren Grundstücksmerkmalen, insbesondere nach Art und Maß der Nutzbarkeit weitgehend übereinstimmen und für die im Wesentlichen gleiche allgemeine Wertverhältnisse vorliegen.“ So die amtliche Definition.

Da die meisten bebaubaren Grundstücke in Mannheim ja bebaut sind, werden die Grundstückswerte in diesen Fällen nach allgemein geltenden Verfahren so berechnet, als wären sie nicht bebaut.

Die Bodenrichtwerte geben damit auch über die Wertsteigerung der Immobilien Auskunft, denn sie sind i.d.R. von den Immobilienpreisen abgeleitet. Das Drama der Miet- oder Kaufpreisentwicklung von Wohnungen nimmt hier also seinen Ausgangspunkt. Welche Werte verdoppeln sich schon in 10 Jahren? Die Einkommen der breiten Bevölkerungsschichten mit Sicherheit nicht! Auch die Spareinlagen – so vorhanden –nicht. Die Grundstücke haben nach ihrer Erschließung überhaupt keinen vernünftigen Grund, in ihrem Preis zu steigen, außer dem einen Grund der Spekulation. Die Bodenrichtwerte geben das getreue Bild der „Marktentwicklung“ wieder, denn sie resultieren aus der Sammlung aller erzielten Kaufpreise der im Stadtgebiet getätigten Grundstücks- und Immobilienverkäufe. Die Mieten in verkauften Immobilien folgen wiederum über kurz oder lang den Immobilienpreisen. Dies gilt insbesondere für die „Angebotsmieten“, wie sie sich in Inseraten und Online-Plattformen darstellen. Sie liegen deutlich über den Mietspiegelwerten.

Ein paar über die Stadt verteilte Stichproben bestätigen eine Bodenrichtwertsteigerung von ca 20% seit 2020. Das gilt z.B. für Herzogenriedbebauung, Mittelstraße / Neumarkt, Jungbusch, Meerfeldstraße, Lindenhofplatz (23%), Neuhermsheimer Ein-/Zweifamilienhäuser (EFH), Anfang der Relaisstraße, Rheinauer See (EFH), und Franklin Offizierssiedlung. Die Quadratmeterpreise liegen bei diesen Beispielen zwischen 640 und 950 EUR. Auffällig ist Feudenheim West mit „nur“ 13% Steigerung und andererseits die Lange Rötterstraße mit 30% sowie Turley mit 31%. (Der Skandalpreis beim Grundstücksverkauf durch die Tom-Bock-Gruppe von 600 EUR/m² ist inzwischen von der Realität schon flächendeckend auf Turley überholt.) Auffällig ist eine Stagnation der Preise auf den Planken, allerdings beispielsweise bei schlappen 6.300 EUR pro m².

Über 11 Jahre betrachtet (2012 bis 2022) betragen die Steigerungsraten in den Stichproben stadtweit um die 100% bis 120%, also mehr als eine Verdoppelung. Der Lindenhofplatz weist „nur“ 68% auf, bei einem niedrigen vierstelligen Quadratmeterpreis, und die Planken nur sensationelle 26%.. Die Konversionsgelände, die ja noch nicht so lange gelistet sind, sputen sich dagegen ganz ordentlich: Turley weist seit 2018 eine Steigerung um 61% auf, Franklin-Offizierssiedlung „nur“ um 38%.

Das „muntere“ Marktgeschehen, wie es sich in den Bodenrichtwerten niederschlägt, beweist einmal mehr: Die Bodenfrage ist ein grundlegendes Problem: Möglichst viele Immobilien dem „freien“, spekulativen Markt zu entziehen und sie in gemeinwohlorientiertes Eigentum zu überführen ist eine zwingende Maßnahme, damit gegen die wilde Mietpreisentwicklung ein paar Pflöcke mehr gesetzt werden, als es die kommunale GBG und einige „Altgenossenschaften“ oder auch Mietersyndikate bisher leisten können. Der städtische Bodenfonds muss dringend gestärkt werden.

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