Stadtrat Thomas Trüper zum Einzug der NPD in den Mannheimer Gemeinderat (Kundgebung am 21.07.2014, 20 Uhr auf dem Paradeplatz)

Liebe antifaschistische Freundinnen und Freunde, meine Damen und Herren,

die Nazi-Partei NPD im Mannheimer Gemeinderat – das hat uns alle tief schockiert. Der edle Gedanke des Minderheitenschutzes, dem das neue Auszählsystem nach Sainte-Laguë verpflichtet ist, hat es möglich gemacht, dass diese Partei mit ihren 1,14% in den Gemeinderat Einzug halten kann. Minderheitenschutz – für die NPD eigentlich ein Graus, wenn Menschen gemeint sind, die nicht dem nationalsozialistischen Trugbild des „reinen und gesunden Volksdeutschen“ entsprechen.

1,14% - das ist kein wirklicher Wahlerfolg für eine Partei, die vorgibt, die geborene Stimme der Nichtwähler zu sein, also – bezogen auf die letzte Europa- und Kommunalwahl von ca. 60 % der Wahlberechtigten. Nein – auch diese wollen die NPD nicht. Die NPD ist unbeliebt, weil sie sich mit Gestalten verbindet, die als sog. Kameradschaften wie eine paramilitärische Truppe daherkommen, dumpf und furchteinflößend. Und sie ist unbeliebt, weil Menschen aus der Partei oder ihrem Umfeld widerwärtige und feige Gewalttaten begehen gegen Schwächere, gegen Minderheiten, gegen Menschen, die sie raus haben wollen aus Gesellschaft. So gehören auch die Mörder aus dem NSU zum Umfeld dieser Partei.

Die NPD steht dafür, dass Menschen aus ihren eigenen Reihen und aus ihrem Umfeld immer wieder schon mal mit nackter Gewalt das zeichen- und beispielhaft durchsetzen wollen, wofür sie in ihrer menschenverachtenden und demagogischen Propaganda eintreten: Die Beseitigung aller gesellschaftlichen Missstände nicht durch soziale Gerechtigkeit, sondern durch die Beseitigung von Menschengruppen, denen sie die Schuld an den vermeintlichen oder tatsächlichen Missständen in die Schuhe schieben: Asylbewerber, Ausländer überhaupt, Moslems, Juden, sog. „Zigeuner“, Schwule etc.

Und voller Hass stellt die NPD der Demokratie das Führerprinzip entgegen. Ein starker Mann soll „aufräumen“.

Alle, die wir heute wieder einmal versammelt sind, um unseren Abscheu über die alten und neuen Nazis zum Ausdruck zu bringen, sind darin vereint, dass wir der offenen Menschen- und Demokratiefeindlichkeit der NPD eine Absage erteilen und sie in die Schranken weisen möchten. Und ich hoffe, dass es morgen dem Gemeinderat gelingen wird, in großer Einmütigkeit dem NPD-Stadtrat die Entfaltungsmöglichkeiten in einem parlamentarischen System zu entziehen, da für ihn und seine Partei Parlamente ohnehin nur sog. „Schwatzbuden“ sind und Tribünen für Volksverhetzung.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich meine empörte Verwunderung zum Ausdruck bringen, wie der neue Lokalchef des Mannheimer Morgen Dirk Lübke das Thema des NPD-Mannes im Mannheimer Gemeinderat bearbeitet hat. Er widmet ihm am Samstag eine ganze „Seite Drei“ und lässt extra noch ein neutralisierendes Bleistift-Portrait anfertigen, weil es angeblich kaum Aufnahmen von diesem Hooligan-Typ gibt. Der Artikel ist miserabel recherchiert, holt nur konservative Meinungen zum Thema ein, zeigt pure Ignoranz gegenüber der breiten antifaschistischen Einstellung in dieser Stadt, für die „Mannheim gegen Rechts“ quasi ein Markenzeichen ist. Und er gibt dem rechten Populismus breiten Raum. Angeblich – so kolportiert Lübke – seien die von ihm so bezeichneten Gutmenschen (das sind die, die nicht mit den Wölfen heulen) das Problem. Sie würden tatsächliche Missstände nicht sehen oder verschweigen, z.B. die überdurchschnittliche Diebstahlsquote in einem Leipziger Supermarkt in der Nähe eines Asylbewerberwohnheims. Abgesehen von der selbstverständlichen Unterstellung, wer hier Lebensmittel und Kosmetikartikel mitgehen lässt – die unterschwellige und nicht ausgesprochene Lösung lautet: Die Asylbewerber müssen weg. Sie lautet nicht: Asylbewerber müssen wie normale Menschen leben können und behandelt werden. Sie müssen dezentral wohnen können und arbeiten dürfen. Diese unseriöse Form des die eigenen finsteren Absichten verschweigenden „Ansprechens von Problemen“ ist einer marktbeherrschenden Tageszeitung nicht würdig.

Die Einmütigkeit der Demokraten, von der ich eben sprach, gegenüber der Nazipartei NPD fällt sehr vielen sehr schwer - auf der linken Seite, in der Mitte und auch auf der rechten Seite der Parteien, die sich mehr oder weniger zur Demokratie bekennen. Denn so sehr wir allesamt Gewalttaten und die fundamentalen Angriffe der NPD auf Demokratie und Menschenrechte verachten, trennen uns doch teils sehr unterschiedliche politische Ansätze und Positionen, die wir aber gewaltfrei und immer noch in einem demokratischen Dialog austragen. Und auf diese Widersprüche möchte abschließend noch kurz eingehen.

Die NPD wäre ja eine fast zu vernachlässigende politische Größe, wenn der von ihr auf die Spitze getriebene Rassismus und Chauvinismus nicht weit über diese Partei hinaus in unserer Gesellschaft verankert wären, bis in die sprichwörtliche Mitte der Gesellschaft hinein. Die umfangreichen Studien von Professor Heitmeyer sowie das politische Leben selbst führen uns dies immer wieder vor Augen. Ich beklage dies als Linker und sehe insbesondere die AfD in dieser Hinsicht gefährdet bzw. sogar als Gefahrenherd einer populistischen Mobilisation, die auch die NPD-Saiten schwingen lässt. Und diesen Gefahrenherd werden viele der hier Versammelten einzugrenzen und zu löschen versuchen. Im offenen politischen Streit.

Trotzdem werden morgen hoffentlich alle 47 Kolleginnen und Kollegen bei der Konstituierung des Gemeinderats zusammenstehen. Ich werde auch die von der AfD benannten Vertreter in die verschiedenen Ausschüsse, Aufsichtsräte und sonstigen Gremien wählen in dem Umfang, wie es dem von der AfD erreichten Stimmenanteil entspricht. Und ich erwarte, dass auch von den konservativen Stadträtinnen und Stadträten die von SPD, Grünen und Linken vorgeschlagenen Kolleginnen und Kollegen in die Gremien gewählt werden, um Eines deutlich zu machen: Die NPD ist keine Option – für niemanden. Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbechen!

Im Übrigen gilt: Das Bundesverfassungsgericht muss endlich die NPD verbieten.

Vielen Dank!