Zweierlei Blick auf die Schulden

„Über die Verhältnisse gelebt“ oder

„Zu wenig Steuern von denen, die es haben“?

In einem scheinen sich DIE LINKE und beispielsweise FDP und auch AfD einig zu sein: Es muss mehr Transparenz in die kommunalen Finanzen. Wie ist sind die tatsächlichen und die eher versteckten Schulden der Stadt? Die einen Schulden stehen im Haushallt, die anderen in den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe. Zusammen sind das 1,1 Mrd. Euro. Eine dritte Sorte steht in den Geschäftsberichten der städtischen Gesellschaften, zusammengefast in dem dicken Beteiligungsbericht der Stadt Mannheim, der jährlich für das Vorvorjahr erscheint.

Wofür sich scheinbar nur DIE LINKE interessiert: Wie hoch ist auf der anderen Seite das Anlagevermögen der Stadt? Denn mit den Schulden werden ja nicht laufende Kosten bestritten sondern Investitionen getätigt.

Tatsächlich wird die Stadt noch in diesem Jahr erstmals eine Bilanz vorlegen. Dann wird man sehen, wie das Verhältnis zwischen Vermögen und Schulden ist.

Die Mannheimer Bürgerschaft ist auf jeden Fall beunruhigt über die Schulden und die Rechts-Parteien werden nicht müde, die Schulden als das größte kommunalpolitische Problem darzustellen. Auch in der Auseinandersetzung um die BUGA hat das Thema „Verschuldung“ eine zentrale Rolle gespielt. Dabei wird gerne die „badische Hausfrau“ bemüht“: Die wisse angeblich genau, dass sie nicht mehr ausgeben kann als sie hat.

„Die badische Hausfrau“

Aber auch die badische Hausfrau weiß, wenn sie über Erspartes verfügt oder eine Erbschaft macht: Mit diesem Eigenkapitalanteil kann sie nun ein Darlehen aufnehmen um sich ein Häuschen oder eine Wohnung zu kaufen. Dann zahlt sie künftig Zinsen und Tilgung statt Miete. Sie nutzt das Haus früher, als wenn sie erst spart und dann kauft. Sie wird darauf achten, dass der Schuldendienst von ihr getragen werden kann.

So klug sind die meisten Kommunen auch, wenn sie nicht gerade im Geld schwimmen. Die Kanalisation ist ein langlebiges Wirtschaftsgut. Allein der Eigenbetrieb Stadtentwässerung bedient aus den Gebühreneinnahmen einen Schuldenstand von 378 Mio. Euro.

Lebt die Stadt über ihren Verhältnissen oder zahlen die Reichen unter ihren Verhältnissen?

Die Tatsache kommunaler Schulden ist also nicht von vorn herein ein Skandal, wie manche glauben machen wollen. Sie ist Ergebnis der Vorfinanzierung langlebiger Investitionen. Über deren Sinn muss im Einzelnen gestritten werden. Die SAP-Arena, die mit einer jährlichen Tilgung von knapp 2 Mio. Euro in den Büchern steht (Schuldenstand: 51 Mio. Euro), war heiß umstritten. Jetzt möchte sie kaum jemand missen. Ohne Neuverschuldung finanziert die Stadt in den Jahren bis 2017 z.B. 73 Mio. Euro in Schulen, 50 Mio. Euro in die Feuerwehr und 39 Mio. Euro in Straßen.

Seit Jahren liegt die Zinsbelastung der Stadt mit abnehmender Tendenz bei ca. 20 Mio. Euro. Das kann sich bei Umkehr der Zinsentwicklung natürlich drastisch ändern. Aber es gibt keinen Grund zur Panik und zum Kahlschlag, wie ihn die rechten Parteien fordern. Wohl aber ist die Frage angebracht: Zahlen die große Industrie und Dienstleister und die Banken genug Gewerbesteuern? Zahlt das Land mit seiner Schuldenbremse genug an Kommunen für ihre regional wichtigen Einrichtungen (z.B. Nationaltheater)? Zahlt der Bund genug an Ausgleich für die sozialen Aufgaben, die er den Kommunen aufgebürdet hat, z.B. Kosten der Unterkunft für Hartz-IV-EmpfängerInnen, für den Unterhalt der Flüchtlinge? All diese Fragen muss man mit nein beantworten. Auch hier heißt es um-fair-teilen!

Wo bleibt die Reichen- oder Millionärssteuer? Wo die Vermögenssteuer? Kann es sein, dass Benz alias Daimler über ein Jahrzehnt überhaupt keine Gewerbesteuer bezahlt hat wegen künstlich herbeigeführter Verlustvorträge? Kann es sein, dass Boehringer Mannheim alias Roche wahrscheinlich über 100 Mio. Euro Gewerbesteuer zu wenig gezahlt haben, weil sie so kreativ in der Steuereinsparung sind? Steuereinsparungen, von denen die Stadt Mannheim, nachdem die Steuerprüfer das aufgedeckt haben, nur noch – inklusive einiger Hinterziehungen anderer – 84 Mio. bekam wegen Verjährung und von denen die Hälfte in eine Rückstellung eingebracht werden mussten, weil es jetzt erstmal einen internationalen Rechtsstreit um die Steuernachforderung gibt. Mannheim lebt nicht über seine Verhältnisse – einige große Steuerpflichtige zahlen unter ihren Verhältnissen. Teils weil die Steuergesetze so miserabel sind, teils weil sie einfach Steuern hinterziehen.

Deswegen: DIE LINKE wird auf jeden Fall Kahlschläge bekämpfen – sozial und solidarisch!